Vor 40 Jahren schickte die US-Raumfahrtbehörde NASA zwei „Voyager“ Sonden auf Forschungsflüge, die bis heute andauern. „Voyager 1“ und „Voyager 2“ starteten im Spätsommer 1977 zu einer „Grand Tour“ des äußeren Sonnensystems.
Die „Voyager“ Sonden: Auch nach 40 Jahren die Reise weiter
Beide Sonden besuchten die Riesenplaneten Jupiter und Saturn, lieferten spektakuläre Bilder und neue Erkenntnisse über diese beiden größten Himmelskörper unseres Sonnensystems und ihre Monde, um dann die weiter außen liegenden Planeten Neptun und Pluto zu erforschen.
An Bord haben sie eine „Golden Record“, eine Schall- und Bildplatte aus mit Gold überzogenem Aluminium. Die „Golden Record“ enthalt Bild- und Tonaufnahmen von der Erde und der Menschheit, Musik und astronomische Informationen über unser Sonnensystem. Sie ist als Grußbotschaft an nicht-menschliche Zivilisationen gedacht.
Inzwischen hat die erste Sonde, „Voyager 1“ auch die äußeren Regionen unseres Sonnensystems hinter sich gelassen und fliegt seit August 2012 hinaus in den interstellaren Weltraum zwischen den Sternen. Trotz des langen Fluges funktionieren immer noch einige Instrumente an Bord und übermitteln Daten über das so genannte interstellare Medium zurück zur Erde.
Denn der Weltraum ist keineswegs leer, sondern auch so weit von unserem Heimatstern entfernt durchzogen von elektromagnetischer Strahlung und Materiepartikeln. Die Materie besteht dabei aus einzelnen Molekülen, Partikelwolken sowie neutralem und ionisiertem Gas. In dieser Materie finden sich Überreste des Urknalls, von Supernova-Explosionen und der so genannte Sternenwind, also ständige Partikelströme, die von Sternen ins All hinaus geschickt werden.
Die NASA schickt „Voyager 1“ zum Jupiter
„Voyager 1“ startete am 5. September 1977 von Cape Canaveral in Florida, also sechzehn Tage nach ihrer Schwestersonde „Voyager 2“. Die Sonde brauchte 18 Monate, um ihr erstes Ziel, den riesigen Gasplaneten Jupiter und sein umfangreiches Mondsystem zu erreichen. Die ersten Bilder machte die Sonde bereits im Anflug auf Jupiter, am 4. März 1979, und passierte dann mehrere der großen Monde des Riesenplaneten.
Einen Tag später flog sie am Jupitermond Io vorbei und funkte spektakuläre Aufnahmen von der schwefelgelben Oberfläche und den aktiven Vulkanen des kleinen Mondes zur Erde. Auch gelangen die ersten Nahaufnahmen der von der Erde nur schwer sichtbaren Ringe, die bisher völlig unbekannt gewesen waren. Dann flog sie am größten Jupitermond Ganymed und wenig später auch am Eismond Europa vorbei. Diesem Vorbeiflug verdanken wir die ersten Bilder der von Spalten und Schrunden durchzogenen Oberfläche, unter der sich möglicherweise ein überfrorener Ozean befindet.
Am 7. März passierte „Voyager 1“ dann den Mond Kallisto und verließ nach rund 30 Stunden das Jupitersystem wieder. In dieser kurzen Zeit hatte die Sonde 17 477 Bilder des Riesenplaneten, seiner farbenprächtigen, von gigantischen Sturmsystemen durchzogenen Lufthülle und der vier größten Monde zu Erde gesendet. Speziell die Bilder des Vulkanmondes Io sorgten für Aufsehen, denn Io war der erste Himmelskörper außerhalb der Erde, auf dem Forscher aktiven Vulkanismus fanden. Die Sonde entdeckte auf Io neun aktive Vulkane. Außerdem fand sie zwei unentdeckte Monde, Metis und Thebe.
„Voyager 1“ nutzte den Vorbeiflug am Jupiter, um weiter zu beschleunigen. Der große Planet wirkte auf die Sonde wie eine Schleuder und ließ die Geschwindigkeit bis auf 16 Kilometer pro Sekunde ansteigen.
„Voyager 1“ erreicht den Saturn
Die Sonde flog weiter in Richtung Saturn und erreichte den Ringplaneten am 10. November 1980. Die Wissenschaftler waren besonders gespannt auf Bilder des größten Saturnmondes Titan, der sogar größer ist als der Erdmond und über eine eigene Atmosphäre verfügt. Allerdings ist sie so dicht, dass auch „Voyager 1“ keine Oberflächendetails fotografieren konnte. Dafür lieferte die Sonde erstmals umfassende Daten über die Bestandteile der Titan-Atmosphäre.
Es stellte sich heraus, dass der Mond Leben wie wir es kennen nicht tragen kann. Dafür ist es zu kalt. Seine Lufthülle besteht aus Stickstoff, Methan, Ethen und andere Kohlenwasserstoffe. Im Grunde lieferten die „Voyager“-Daten mehr Fragen als Antworten, sodass Titan zum Ziel der 1997 gestarteten „Cassini-Huygens“-Mission werden sollte.
Wiederum schwenkte „Voyager 1“ nicht in eine Umlaufbahn ein, sondern nutzte den Vorbeiflug, um weiter Fahrt aufzunehmen. Während des zehnstündigen Vorbeifluges untersuchte die Sonde dann noch Saturns spektakuläres Ringsystem und die drei Monde Minas, Dione und Rhea. Auch am Saturn entdeckte die Sonde zudem zahlreiche neue Monde.
Über dem Südpol des Ringplaneten drehte die Sonde auf einen neuen Kurs, der im Winkel von 35 Grad zur Ekliptik, also zur allgemeinen Bahnebene des Sonnensystems stand. Der Kurs der Sonde führte nun hinaus in den freien Weltraum.
NASA-Sonde „Voyager 1“ liefert spektakuläres Bild der Erde
Am 14. Februar 1990 nahm die Sonde das sogenannte Familienporträt auf, ein Fotomosaik, das sechs Planeten unseres Sonnensystems in Farbe zeigt.
Für großes Aufsehen sorgte der so genannte „Pale Blue Dot“, ein Bild der Erde, aufgenommen aus 6, 4 Milliarden Kilometern Entfernung. 2001 wurde es zu einem der zehn besten Fotos der Weltraumwissenschaften gewählt. Außerdem wählte der bekannte Astronom und Wissenschaftsautor das Bild als Titel für gleichnamiges Buch aus, auf deutsch erschienen unter dem Titel „Blauer Punkt im All“. Das Foto ist bis heute das Bild, das aus der größten Distanz zur Erde aufgenommen wurde.
Der Kurs führte die Sonde weiter hinaus in den interstellaren Raum zwischen den Sternen. Damit begann die letze Missionsphase, die so genannte „Voyager Interstellar Mission“. Im Februar 1989 überholte die Sonde die Vorgängersonde „Pioneer 10“ und ist nun das am weitesten von der Erde entfernte menschliche Erzeugnis.
„Voyager 1“ sendete weiterhin Daten zur Erde, obwohl die Sendeleistung der Sonde immer mehr nachließ und auch die Datenqualität immer schlechter wurde. Sie erreichte die äußeren Regionen des Sonnensystems, in denen sich der Sonnenwind, also der ständige, von der Sonne ausgehende Partikelstrom, mit dem interstellaren Medium vermischt.
Aus den Daten konnten die Wissenschaftler auf der Erde sehen, dass sich dort ein starkes Magnetfeld befindet, dass das interstellare Medium und die Teilchenströme im Sonnensystem voneinander trennt. „Voyager 1“ durchquerte dieses Magnetfeld auf seinem Flug und stellte weiter draußen fest, dass es sich nach und nach auflöst. Es zerfällt in mehrere magnetische Blasen, die rund 160 Millionen Kilometer groß sind.
„Voyager 1“ erreicht den interstellaren Raum
Ende 2012 verließ die Sonde endgültig die so genannte Heliosphäre, also den Einflussbereich des Sonnenwindes. Sie befindet sich nun als erstes von Menschen produziertes Objekt im interstellaren Weltraum. Sie fliegt nun in Richtung des 17 Lichtjahre entfernten Zwergsterns Gliese 445, der seinerseits mit hoher Geschwindigkeit auf unser Sonnensystem zufliegt. In 40 000 Jahren wird sie an ihm vorbeifliegen. Im Februar 2016 hatte „Voyager 1“ 26 920 000 000 Kilometer zurückgelegt.
Video: Voyager Mission 40th Anniversary
Podiumsdiskussion von NASA-Verantwortlichen zum 40jährigen „Voyager“-Jubiläum
„Voyager 2“: Technische Probleme in der ersten Missionsphase
„Voyager 2“ startete vor ihrer Schwestersonde am 20. August 1977. Sie schlug eine andere Flugbahn ein und startete zudem mit einer etwas geringeren Geschwindigkeit. Dadurch konnte „Voyager 1“ im Dezember 1977 überholen und sich gewissermaßen an die Spitze setzen.
Allerdings verlief der Flug von „Voyager 2“ zum Jupiter nicht ohne Probleme. Mehrere Monate nach dem Start stellte die NASA-Flugkontrolle fest, dass sich die Sensorplattform nicht ausfahren ließ. Wie sich herausstellte, war kein technisches Problem die Ursache dafür, sondern bürokratisches Gezerre und Kapazitätsengpässe auf der Erde.
Zur gleichen Zeit hatte das Bodenteam die „Galileo“-Mission vorbereitet, die ebenfalls den Jupiter erforschen sollte, dann aber wegen der „Challenger“-Katastrophe doch nicht zum geplanten Zeitpunkt startete. Die Mission wurde dann erst sehr viel später auf den Weg gebracht. „Galileo“ wurde am 18 Oktober 1989 von der Raumfähre „Atlantis“ in der Erdumlaufbahn abgesetzt und startete von dort in Richtung Jupiter.
Die Bodenmannschaft hatte nach dem Start von „Voyager 2“ 207 Tage lang keinen Funkkontakt mit der Sonde unterhalten. Daraus hatte der Bordcomputer geschlossen, dass der Primärsender an Bord eine Fehlfunktion hatte und auf den Sekundärsender umgeschaltet. Bei dem war nun aber ein Bauteil zur automatischen Anpassung der Sende- und Empfangsfrequenz defekt. Nun entsteht aber durch die verschiedenen Geschwindigkeiten von Erde und und Sonde ein Dopplereffekt, den das defekte Bauteil hätte ausgleichen sollen. Da das nicht geschah, brach der Funkkontakt häufig zusammen. Und wie Murphys Gesetz so spielte, war zwischenzeitlich der Primärsender komplett ausgefallen.
Als nächstes blockierte ein Zahnrad und verhinderte die korrekte Ausrichtung der Scanplattform mit den wissenschaftlichen Sensoren. Nach drei Monaten war sich das Bodenteam sicher, daß ein weicher Fremdkörper, etwa ein Stück Folie, das Zahnrad blockierte. Nachdem man mehrfach die Elektromotoren an- und ausgeschaltet hatte, war der Fremdkörper zerrieben, und die Plattform ließ sich wieder problemlos bewegen.
„Voyager 2“ fliegt ins Jupiter-System ein
„Voyager 2“ kam am 25. April 1979 im Jupitersystem an und versorgte Wissenschaftler und interessiertes Publikum mit weiteren spektakulären Bildern des Riesenplaneten. Während die Schwestersonde verhältnismäßig schnell durch das Jupiter-System geflogen war, blieb „Voyager 2“ von Ende April 1979 bis Anfang August 1979 dort.
Die NASA-Verantwortlichen hatten „Voyagers“ Flugbahn so gewählt, dass die Sonde einige der Monde von einer Seite zu sehen bekam, die „Voyager 1“ verborgen geblieben war. Hinzu kam eine Untersuchung der von Gewitterstürmen durchzogenen Nachtseite des Jupiter sowie der neu entdeckten Ringe. „Yoyager 2“ lieferte Bilder der Jupitermonde Io, Amalthea, Europa, Kallisto und des größten Jupitermonds Ganymed.
Am 9. Juli erreichte die Sonde ihre größte Nähe zum Jupiter. Als sie am 5. August das Jupitersystem mit Kurs auf den Saturn verließ, hatte sie 13 350 Bilder zur Erde gefunkt und sich dem Planeten bis auf 643 000 Kilometer genähert. Zum Vergleich: Die Entfernung zwischen Erde und Mond liegt bei 384 000 Kilometer.
„Voyager 2“ findet ein Sechseck auf dem Saturn
Zwei Jahre später erreichte „Voyager 2“ den Ringplaneten Saturn. Hier lieferte die Sonde insbesondere Daten über die Windsysteme des Planeten. Ihre Sensoren maßen in Äquatornähe Geschwindigkeiten von bis zu 500 Metern pro Sekunde. Die irdische Schallgeschwindigkeit liegt bei 11 Metern pro Sekunde. Zwischen den Strömungen auf der Nord- und auf der Südhalbkugel besteht eine starke Symmetrie.
Allerdings ist es auf dem Saturn ziemlich kalt. Die Temperatur auf der Oberfläche liegt bei – 191 Grad Celsius. Und da die Atmosphäre nicht nur von Stürmen mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit zerfurcht wird, sondern auch noch aus Gasen wie Methan, Wasserstoff und Ammoniak besteht, dürfte man Leben dort vergeblich suchen.
Ziemlich spektakulär war die Entdeckung einer sechseckigen Wolkenformation rund um Saturns Nordpol. Eine Seite dieses Hexagons ist rund 13 800 Kilometer lang. Dieses Hexagon rotiert in 10 Stunden, 39 Minuten und 24 Sekunden einmal um seine Symmetrieachse. Damit ist das seltsame Windsystem etwas schneller als der ganze Planet, der sich in 10 Stunden und 47 Minuten einmal um selbst dreht.
Über die Ursache dieses Phänomens wird bislang lediglich spekuliert. Die plausibelste Annahme geht davon aus, dass der Kern im Inneren genauso schnell rotiert und dadurch diese Wirkung auf die obere Atmosphäre hat. Außerdem wird das Hexagon von einem einem extrem starken Höhenwind umströmt. Die Wolkenstrukturen, aus denen das Hexagon besteht, reichen einige Hundert Kilometer in die Tiefe. Am Südpol des Saturn findet sich ebenfalls ein Wirbelsturm, aber kein Hexagon.
Die wohl dämlichste Annahme in diesem Zusammenhang wird von Esoterikern wie David Icke vertreten. Danach ist der Saturn ein gigantisches Alien-Raumschiff, und das Hexagon ist ein nicht weniger gigantisches Antennensystem, dessen Signale die Menschen auf der Erde beeinflussen.
Wie auch immer: „Voyager 2“ wurde jedenfalls nicht angefunkt.
Die NASA verlängert die „Voyager 2“-Mission
Beeindruckt von der langen Lebensdauer der Sonde, beschloss die NASA, die Mission zu verlängern und den Flugkörper weiter zum Uranus zu schicken. Dafür waren umfangreiche Vorarbeiten notwendig, die pro Jahr rund 30 Millionen Dollar kosteten.
Die NASA-Wissenschaftler mussten die Software an Bord völlig überarbeiten. Es gab drei technische Probleme: Die Datenrate während der Übertragung war, bedingt durch die große Entfernung, sehr niedrig. Die Radionuklidbatterien gaben nur noch 400 Watt ab, obwohl mindestens 420 Watt nötig waren, um die Sonde zu betreiben. In Radionuklidbatterien findet ein langsamer nuklearer Zerfallsprozess statt, der elektrische Energie freisetzt. Ohne sie läßt sich so weit draußen keine Sonde betreiben, denn für Solarzellen ist die Entfernung zur Sonne zu groß. Außerdem machte das schwache Licht dort draußen längere Belichtungszeiten notwendig.
Das nötige Datenvolumen ließ sich durch neuen Fehlerkorrekturcode senken; außerdem konnte die NASA auf weitere Empfangsantennen auf der Erde zurückgreifen. Außerdem nahmen die Missionsverantwortlichen eine geringere Ausfallsicherheit in Kauf. Auch das Problem mit der eingeschränkten Stromversorgung ließ sich lösen. Um Strom zu sparen, wurden die Instrumente an Bord von „Voyager 2“ nach einem festen Zeitplan genutzt.
Sechs Tage vor dem Vorbeiflug am Uranus tauchten auf den Bildern helle und dunkle Linien auf. Bei der Fehlersuche stellte sich heraus, dass eine Speicherzelle eine 1 anstatt der korrekt 0 enthielt. Also modifizierte man die Software und übertrag sie an „Voyager 2“. Zwei Tage später arbeitete das Bildsystem wieder normal.
Video: Die reise der Voyager Sonden
Dokumentation über die „Voyager“-Mission mit Interviews der beteiligten Wissenschaftler
„Voyager 2“ erkundet den Uranus und Neptun
Schließlich begann die Sonde am 4. November ihre Beobachtungen von Uranus und seinen Monden. Dabei fand „Voyager 2“ zehn neue Monde, die allerdings wesentlich kleiner sind als die fünf bis dahin bekannten. 13 Jahre später fanden Astronomen noch einen weiteren Mond, als sie „Voyager“-Daten auswerteten. Am 24. Januar 1986 flog die Sonde in etwa 81 500 Kilometern am Uranus vorbei. Die letzten Aufnahmen des Mondsystems übermittelte „Voyager 2“ dann am 25. Februar 1986.
Das Raumfahrzeug hatte durch das Swing-by am Uranus weiter Fahrt aufgenommen und flog nun in Richtung des äußersten Gasplaneten Neptun weiter. Die verschiedenen Wissenschaftlergruppen diskutierten, welche Anflugbahn „Voyager 2“ nehmen sollte. Dabei wollten die Atmosphärenforscher möglichst nah am Planeten vorbeifliegen, um in die Neptunatmosphäre hineinsehen zu können. Dagegen bevorzugten die Planetenforscher einen Kurs, der möglichst nah am einzigen erreichbaren Neptunmond Triton vorbeiführte. Andere wiederum wollten das Strahlungs- und Magnetfeld des Gasriesen genauer untersuchen und deswegen in größerer Entfernung am Neptun vorbeifliegen.
Am Ende einigte man sich auf einem Kompromiss. „Voyager 2“ würde in 4800 Kilometern Entfernung am Neptun vorbeifliegen und den Mond Triton in 38 500 Kilometern Entfernung passieren. Die Beobachtungen dieses Planeten sollten insofern wertvoll sein, als der Neptun und seine Monde bislang kaum erforscht war.
Die NASA macht „Voyager 2“ fit für die Neptun-Passage
Bei der Vorbereitung der Datenübertragung mussten die Wissenschaftler ähnliche Probleme lösen wie bei der Vorbereitung der Uranus-Passage. Der Empfang war entfernungsbedingt noch schwächer. Außerdem war die Leistung der Radionuklidbatterien weiter gesunken und lag nun bei 370 Watt.
„Voyager 2“’s schwache Sendeleistung kompensierten die Verantwortlichen durch eine weiter verbesserte Empfangstechnik und durch das Zusammenschalten mehrerer großer Antennenanlagen. Allerdings musste das Missionsteam die Nutzung der einzelnen Instrumente weiter einschränken und zudem auf noch mehr redundante Computersysteme verzichten. Allerdings war die Sonde trotz ihres Alters und der bei weitem überschrittenen geplanten Lebensdauer in gutem Zustand. Den Ausfall des Primärsenders gleich zu Beginn der Mission hatte das Missionsteam kompensieren können. Nun installierten sie eine Software, die den Stromverbrauch überwachte und Instrumente abschaltete, wenn Grenzwerte überschritten wurden.
„Voyager 2“ begann am 6. Juni 1989 mit den Anflug auf Neptun. Ab dem 6. August folgte dann die intensive Beobachtungsphase, die am 2. Oktober 1989 endete. Am 26. August 1989 passierte „Voyager 2“ den Gasplaneten in 4828 Kilometern Entfernung. Insgesamt schickte die Sonde über 9000 Bilder zur Erde. Die Sonde lieferte genaue Aufnahmen vom bisher nur vermuteten Ringsystem Neptuns und maß die Rotationsgeschwindigkeit des Planeten. Erstmals konnte die Große Tritons exakt bestimmt werden; sein Durchmesser beträgt 2760 Kilometer anstelle der bis dahin angenommenen 3800 bis 5000 Kilometer.
Auch lieferte „Voyager 2“ die ersten gestochen scharfen Bilder dieses größten Neptunmondes. Zudem stellte sich heraus, dass Triton aktiven Vulkanismus aufweist, wobei Geysire aus flüssigem Stickstoff ausfsteigen. Der Stickstoff gefriert und geht dann als Stickstoffschnee auf Tritons Oberfläche nieder. Dadurch hat Triton eine extrem dünne Stickstoff-Atmosphäre. Außerdem entdeckte „Voyager 2“ neun zuvor unbekannte Monde. Allerdings waren die Neptun-Bilder längst nicht so spektakulär wie die Aufnahmen von Jupiter oder Saturn. Neptun ist hauptsächlich blau, und anstelle eines roten Flecks wie der Jupiter oder einer angeblichen Alien-Antennenfarm wie der Saturn kann der Planet lediglich mit einem schwarzen Fleck aufwarten. Bei dem handelt es sich ebenso wie beim Roten Fleck oder dem Saturn-Sechseck um einen stationären Wirbelsturm.
„Voyager 2“ verlässt das Sonnensystem
Zudem gingen die Entdeckungen der NASA-Forscher ein bisschen im Zerfall des Ostblocks und dem politischen Wandel in der DDR unter. „Voyager 2“ flog nach der Neptunpassage in die äußeren Regionen des Sonnensystems hinaus und hat mittlerweile die Heliopause erreicht, in der sich Sonnenwind und interstellares Medium vermischen. Pro Jahr legen die beiden Sonden 3 Astronomische Einheiten zurück, also das dreifache der Entfernung zwischen Erde und Sonne. Das entspricht etwa 15 Kilometern pro Sekunde.
Die „Voyager“-Missionen nutzten eine astronomische Konstellation, die nur alle 176 Jahre auftritt. Nur dann stehen die großen äußeren Planeten so zueinander, dass eine Raumsonde sie nacheinander anfliegen kann. Diese Konstellation erlaubt auch, vom so genannten ‚Swing By‘-Effekt zu profitieren. Das Raumfahrzeug schwenkt nicht in die Umlaufbahn ein, sondern nutzt den engen Vorbeiflug, um erneut Fahrt aufzunehmen.
Die NASA schätzt, dass das gesamte „Voyager“-Programm 865 Millionen US-Dollar gekostet hat, was reichen würde, um jedem US-Bürger einmal im Jahr einen Schoko-Riegel zu schenken. Beide Sonden sind weiterhin aktiv und übermitteln Daten zur Erde. Wenn die NASA sie nicht vorher abschaltet, können sie noch bis 2030 Daten zur Erde schicken. „Voyager 1“ ist am weitesten von der Erde entfernt, „Voyager 2“ ist die am längsten arbeitende Raumsonde der Menschheit. Zur Zeit fliegt nur noch eine dritte aktive Sonde durch äußeren Regionen des Sonnensystems – die NASA-Sonde „New Horizons“, die 2015 am Pluto vorbeiflog und die ersten Bilder vom äußersten Planeten lieferte. 2019 wird sie einen größeren Planetoiden im Kuipergürtel erreichen und die ersten Bilder eines derartigen Himmelskörpers zur Erde senden. Die Reise geht weiter.
Bildnachweis: © Titelbild: NASA, #1 Carl Zecca via Wikimedia Commons, #2 NASA via WikiMedia Commons, #3 NASA #4 NASA/JPL, #5 NASA/Jet Propulsion Laboratory, #7 NASA/JPL, #8 NASA/Walt Feimer, #9 NASA/JPL #10 NASA/JPL