Die unendliche Geschichte um die „Transall“-Nachfolger bekommt ein neues Kapitel. Verteididungsministerin Ursula von der Leyen hatte bereits am 29. September gegenüber der Nachrichtagentur Reuters angekündigt, daß noch diesen Herbst eine Entscheidung über eine Ergänzung der A400M-Flotte fallen wird.
Lockheed C-130J „Hercules“ für die Luftwaffe
Nun ist es sozusagen amtlich: Die Luftwaffe wird zwischen vier und sechs Lockheed C-130J „Hercules“ beschaffen und sie dann gemeinsam mit der französischen Luftwaffe betreiben. Dafür gibt es drei Gründe. Zum einen gehen die letzten der betagten „Transall“ 2021 außer Dienst. Außerdem fehlt der Luftwaffe ein Transporter, der wie die „Trall“ auf kleineren Flugplätzen oder unbefestigten Pisten landen kann und sich für Evakuierungsoperationen oder zur Unterstützung von Spezialkräften im Einsatz eignet. Zudem kommt der A400M nicht so schnell und nicht in der geplanten Anzahl zur Luftwaffe.
Im Mai hatten Luftwaffe und Verteidigungsministerium bereits erklärt, daß sich nach 2021 eine der viel beschworenen Fähigkeitslücken auftun wird.
Wie Journalist Thomas Wiegold auf seinem Blog „Augen geradeaus“ schreibt, haben Ursula von der Leyen und ihr französischer Amtskollege Jean-Yves Le Drian am 4. Oktober einen gemeinsamen „Letter of Intent“, also eine Absichtserklärung unterschrieben. Die vier bis sechs deutschen „Hercules“ würden dann zu einer gemeinsamen deutsch-französischen Lufttransportstaffel gehören.
Von dieser Konstellation verspricht man sich die üblichen Synergieefekte, weil die französische Luftwaffe bereits Flugzeuge vom Typ C-130H fliegt. Natürlich liegt die mögliche Zahl der Maschinen unter der, die Luftwaffeninspekteur Karl Müllner vorgeschlagen hatte. Die Luftwaffe hatte 10 bis 12 Flugzeuge angepeilt.
Das alles ist eigentlich keine große Überraschung. Die A400M ist ein strategisches Transportflugzeug und für viele Aufgaben zu groß. Außerdem fehlt der Luftwaffe nicht nur ein Transportflugzeug für Sondereinsatzkräfte. Sie bräuchte eigentlich auch einen kleineren taktischen Mehrwecktransporter, um kleine Mengen Versorgungsgüter und Personal verlegen zu können. Eine Ironie der ganzen Geschichte ist, daß die Luftwaffe nun ein Flugzeug kauft, dessen Grundentwurf etwa so alt ist wie die „Transall“ und das seinerzeit für die Verantwortlichen eben nicht in Frage kam.
Ebenso wie heute wollte man damals die Zusammenarbeit mit Frankreich vorantreiben. Außerdem ruiniert eine startende „Hercules“ jeden Feldflugplatz. Für jeden Start muß der Platz neu planiert werden. Eine „Transall“ läßt die Piste heil.
Jedoch ist noch offen, ob es überhaupt so weit kommt. Ein „Letter of Intent“ ist noch keine Kaufentscheidung. Ob dieses Projekt die nächsten Regierungswechsel und künftige Sparprogramme übersteht, muß sich zeigen. Es ist auch zweifelhaft, ob sich die Synergieeffekte, also Einsparungen bei gemeinsamer Logistik, Ausbildung der Besatzungen und ähnlichem, überhaupt realisieren lassen. Die „J“ sieht der älteren „H“ zwar sehr ähnlich, ist aber faktisch ein neues Flugzeug. Sie hat neue Triebwerke, ein neues digitales Cockpit, neue Avionik und viele andere Neuerungen. Auch Frankreich müßte also erstmal eine neue Logistik aufbauen.
Eine andere Frage ist, wer die Flugzeuge am Ende wirklich kontrolliert. Gäbe es wirklich eine Abstimmung auf partnerschaftlicher Ebene, oder würde sich Deutschland nüchtern betrachtet am Betrieb einer französischen Transporterstaffel beteiligen?
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