Anfang Dezember vergab die europäische Raumfahrt-Agentur Aufträge für eine kleine Raumfähre und eine neue Version der Vega-Trägerrakete. Der ESA Space Rider ist eine unbemannte Raumfähre, die an der Spitze einer Vega-Rakete ins All starten soll.
ESA erteilt Auftrag für den Space Rider
Die europäische Raumfahrt bemüht sich schon seit langem um ein wirtschaftliches und wiederverwendbares Transportmittel für den erdnahen Weltraum. Zur Zeit stehen für bemannte Flüge zur Internationalen Raumstation ISS nur die russischen Sojus-Raumschiffe zur Verfügung. Satelliten und andere Nutzlasten werden durch konventionelle Trägerraketen, etwa der Ariane-Familie, ins All befördert.Projekte, die zu echten Raumfähren oder zumindest teilweise wiederverwendbaren Lösungen führen sollten, fielen finanziellen Einsparungen zum Opfer.
Anfang Dezember vergab die europäische Raumfahrt-Agentur Aufträge für eine kleine Raumfähre und eine neue Version der Vega-Trägerrakete. Der ESA Space Rider ist eine unbemannte Raumfähre, die an der Spitze einer Vega-Rakete ins All starten soll. Sie soll zum Beispiel als Labor für Experimente in der Schwerelosigkeit, als Plattform zur Erprobung neuer Technologien oder für die Erdbeobachtung genutzt werden. Der ESA Space Rider besteht aus zwei Modulen, der eigentlichen Fähre, und einem Modul mit Solarzellen und Triebwerken. Die Fähre selbst kehrt zur Erde zurück, während das Triebwerksmodul kurz vor dem Wiedereintritt abgestoßen wird.
Der ESA Space Rider wird in etwa 400 Kilometern Höhe um die Erde kreisen und kann mindestens zwei Monate im Weltraum bleiben. Jeder Space Rider soll bis zu sechsmal ins All starten können und dabei bis zu 800 Kilogramm Nutzlast befördern. Nach Angaben der ESA wird der Preis für einen einzelnen Flug bei 40 Millionen Euro liegen.
Die neue ESA-Fähre wird vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou/Französisch-Guyana starten und nach Ende der Mission an Fallschirmen im Atlantik landen. Als Träger ist die Vega-C-Rakete geplant.
Made in Italy: Der ESA Space Rider
Hersteller des ESA Space Riders ist ein französisch-italienisches Konsortium, bestehend aus Thales-Alenia Space Italy und Avio. Der jüngst geschlossene Vertrag zwischen den Herstellern und der ESA hat ein Volumen von 36,7 Millionen Euro.
Thales-Alenia Space Italy und Avio werden auch an der neuen Version der Vega-Trägerrakete, der Vega E, arbeiten. Dieser Auftrag hat ein Volumen von 53 Millionen Euro. Allerdings ist auch die kleinere Vega C noch nicht geflogen, soll aber 2019 erstmals starten. Die Vega E soll dann 2024 folgen; Avio wird also an beiden Raketen gleichzeitig arbeiten.
Die ESA will den Space Rider als kommerzielle Weltraumplattform vermarkten und hofft, den Betrieb der Fähren zu privatisieren. Zudem soll eine ganze Flotte von Raumfahrzeugen entstehen, die dann Arianespace betreiben würde. Das hängt allerdings vom kommerziellen Erfolg des ESA Space Riders ab.
Vorläufer des ESA Space Rider flog 2015
Der Space Rider basiert auf den Erfahrungen, die die ESA mit einem Testvehikel gesammelt hat, dass 2015 einen 100 Minuten langen Suborbital-Flug machte und schließlich nach einer halben Weltumkreisung im Pazifik landete. Das fünf Meter lange und 1,8 Kilogramm schwere Intermediate Experimental Vehicle (IXV) startete am 11. Februar 2015 an der Spitze einer italienischen Vega-C-Rakete. Es war seit 1998 der erste Flug eines europäischen Wiedereintritts-Flugkörpers. Der IXV erreichte eine maximale Flughöhe von 412 Kilometern.
Die Mission von 1998 hatte der Beginn eines ESA-Programms zur Entwicklung von Technologien für den sicheren Wiedereintritt in die Lufthülle der Erde sein sollen. Allerdings war das Programm aus finanziellen Gründen eingestellt werden. Der IXV flog nur, weil die italienische Regierung das Projekt unterstützt und auch hinter der neuen Vega-Rakete steht. Aerodynamisch betrachtet, war der IXV ein so genannter Hochauftriebskörper ohne Tragflächen, bei dem der Rumpf den Auftrieb lieferte. Auch der ESA Space Rider wird so ausgelegt sein, verfügt aber zusätzlich über senkrechte Leitwerksflossen an beiden Tragflächenenden. Der IXV landete an Gleitfallschirmen im Pazifik, um dort von einem italienischen Spezialschiff an Bord genommen zu werden.
Vorgänger ohne Fortune
Bereits in 1990er Jahren hatten Deutschland mit dem zweistufigen „Sänger“-Raumgleiter und Frankreich mit der „Hermes“-Raumfähre versucht, in die Fußstapfen der USA zu treten und sich einen eigenen Zugang zum Weltraum zu sichern. In den frühen 2000ern hatte dann die damalige DASA (heute EADS Defence and Space Systems) mit dem unbemannten „Hopper“ eine Suborbitalfähre vorgeschlagen, die von Kourou aus starten und in rund 100 Kilometern Höhe Satelliten für den Weiterflug in die Umlaufbahn aussetzen sollte. Sogar ein maßstäblich verkleinerter Erprobungsträger war geflogen, bis dann die Politik auch diesem ehrgeizigen Projekt den Geldhahn zudrehte. Ob jetzt der ESA Space Rider mehr Erfolg hat, muss sich zeigen
Bildnachweis: ©ESA