Bombardier C-Serie: Ein Jahr im Liniendienst

0

Die C-Serie ist die neueste Flugzeugfamilie aus dem Hause Bombardier. Vor einem Jahr lieferte der kanadische Technologiekonzern die erste Maschine an die schweizerische Fluggesellschaft Swiss aus. Inzwischen haben auch weitere Besteller ihre ersten Flugzeuge erhalten, so etwa airBaltic. Auf der diesjährigen Luftfahrtschau in Paris-Le Bourget war deswegen auch eine CS-Maschine in den Farben der airBaltic zu sehen.

Innovativer Jet – Bombardiers CSeries

Künstlerische Darstellung der CS100 und der etwas größeren CS300 (vorne). (#3)

Künstlerische Darstellung der CS100 und der etwas größeren CS300 (vorne). (#3)

Gegenwärtig besteht die Flugzeugfamilie aus zwei Versionen. Die CS100 bietet je nach Bestuhlung Platz für 100 bis 140 Passagiere. Die etwas größere CS300 kann bis zu 160 Passagiere aufnehmen. Bombardier hat sich mit diesem Flugzeug eine Marktnische gesucht, die bisher kaum besetzt ist. „Die C-Serie passt in einen Bereich, der unterhalb von Airbus und Boeing liegt, aber oberhalb der existieren Regional-Verkehrsflugzeuge“, erläutert Ross Mitchell, Bombardiers Vice President Commercial Operations, der die Verkaufsstrategien und Kundenbeziehungen des Unternehmens verantwortet. „Es gibt einen unterversorgten Bereich zwischen 100 und 150 Sitzen. Bisher fehlte ein Flugzeug, das speziell für diesen besonderen Teil des Markts entworfen wurde.“

AirBaltic setzte als erste Fluglinie die größere CS300 ein. (#5)

AirBaltic setzte als erste Fluglinie die größere CS300 ein. (#5)

In diesem Segment waren sonst entweder stark gestreckte Versionen kleiner Regionaljets oder verkleinerte Ableitungen größerer Flugzeuge anzutreffen. Speziell die Airbus A318 und die Boeing 737-600 entstanden durch Verkürzung größerer Basisversionen – der A320 und der Boeing 737-Familie, die jeweils etwa 160 Fluggäste befördern können. Allerdings gelten diese Flugzeuge als eher unwirtschaftlich und werden daher von den Fluggesellschaften nur zögerlich angeschafft.

Bombardier bietet mit der C-Serie nun ein Flugzeug an, das speziell für kleinere Passagierzahlen entworfen wurde, gleichzeitig aber in Rumpfdurchmesser und Reichweite einem üblichen Mittelstreckenjet entspricht. So will Bombardier mit sparsameren Triebwerken einen rund 15 Prozent niedrigeren Treibstoffverbrauch realisieren. Die CS100 hatte ihren Erstflug am 16. September 2013, während die CS300 erstmals am 27. Februar 2015 flog. Die Bombardier C-Serie ist seit 2013 in Produktion; bislang sind fünf CS100 und drei CS300 von insgesamt 360 bestellten Flugzeugen abgeliefert.

Bombardier CSeries im Liniendienst

Zur Eröffnung seines Liniendienstes nach London-Heathrow versah Swiss eine CS100 mit einem farbenprächtigen Sonderanstrich. Die Aufnahme entstand am 15. Juni 2017 in London-Heathrow. (#2)

Zur Eröffnung seines Liniendienstes nach London-Heathrow versah Swiss eine CS100 mit einem farbenprächtigen Sonderanstrich. Die Aufnahme entstand am 15. Juni 2017 in London-Heathrow. (#2)

Am 15. Juli 2016 startete eine CS100 der Lufthansa-Tochter Swiss International Airlines zum ersten Linienflug zwischen Zürich und Paris/Charles de Gaulle. Mittlerweile fliegt Swiss auch die CS300 und bietet Direktflüge zwischen Genf und London-Heathrow an. Zum Zeitpunkt des Aero Salons 2017 in Le Bourget hatten alle im Liniendienst stehenden CS-Maschinen mehr als 8.000 Flüge mit annähernd einer Million Passagieren absolviert.

Inzwischen ist die CS100 auch für Landungen auf dem London City Airport zugelassen. Bombardier schickte im März 2017 eines der firmeneigenen Erprobungsmuster nach London, um die nötigen Probelandungen durchzuführen. Der London City Airport ist bei Geschäftsreisenden wegen seiner zentralen Lage beliebt, allerdings auch fliegerisch anspruchsvoll. Die Piste ist lediglich 1500 Meter lang, hinzu kommen wegen der Innenstadtlage strikte Lärmschutzvorschriften. Um den Fluglärm zu minimieren, sind Steilanflüge in einem Winkel von 5, 5 Grad vorgeschrieben.

Auf der Aero Salon 2015 in Paris-Le Bourget zeigte Bombardier eine CS100 in den Farben von Swiss. (#1)

Auf der Aero Salon 2015 in Paris-Le Bourget zeigte Bombardier eine CS100 in den Farben von Swiss. (#1)

Durch die Zulassung für diese Anflüge ist die Bombardier CS100 nun Mitglied einer eher exklusiven Familie, zu der die Cessna Citation, die Airbus A318, die Bombardier Q400 sowie die Embraer-Typen ERJ-135, E170 und E190 gehören.

Bombardier ging noch einen Schritt weiter, um die Leistungsfähigkeit der CS100 zu demonstrieren. „Wir sind mit dem Flugzeug und einer Beladung, die 40 Passagieren entspricht, von London City direkt zum John-F-Kennedy-Airport in New York geflogen. Das hat bisher kein anderes Flugzeug in dieser Größe geschafft“, so Ross Mitchell.

Die Bombardier CSeries im Profil

Bombardier bietet auch in der Economy recht bequeme Sitze – die am Fenster sind 47 Zentimeter breit, die am Gang 48 Zentimeter. (#7)

Bombardier bietet auch in der Economy recht bequeme Sitze – die am Fenster sind 47 Zentimeter breit, die am Gang 48 Zentimeter. (#7)

Beim Entwurf des neuen Flugzeugs achtete Bombardier auf möglichst große Nähe zum Kunden und auf ein optimales Flugerlebnis für die Passagiere: „Was wir taten, als wir das Flugzeug entwickelten, war folgendes: Wir fragten die Airlines, was sie brauchten“, sagt Ross Mitchell, „und sie wollten mehr Platz für die Passagiere, mehr Licht in der Kabine, und mehr Platz in den Deckenfächern für das Gepäck. Das haben wir geliefert.“

Die Bombardier C-Serie wirkt von außen recht kompakt, bietet aber ein großzügiges Kabinen-Layout ähnlich dem eines Großraumjets. Die Jets haben fünf Sitze pro Reihe, zwei links, drei rechts. Die entsprechenden Boeing- und Airbus-Muster bieten jeweils drei Sitze links und drei rechts, die schmaleren Embraer-Jets zwei Plätze auf jeder Seite des Mittelgangs. Allerdings ermöglicht es das Bombardier-Design, dass 80 Prozent aller Passagiere einen der begehrten Fensterplätze bekommen.

Die CS300 bietet je nach Bestuhlung Platz für bis zu 160 Passagiere. (#6)

Die CS300 bietet je nach Bestuhlung Platz für bis zu 160 Passagiere. (#6)

Die Kabine der C-Serie ist mit fünf Sitzen 3,28 Meter breit, die einer A320 mit einem sechsten Sitz ist 3,70 Meter breit, bietet also pro Sitz weniger Platz. Bombardier bietet recht bequeme Sitze – die am Fenster sind 47 Zentimeter breit, die am Gang 48 Zentimeter, während ein Platz in der A320 zwischen 43 und 46 Zentimeter breit ist. In der Business Class bietet die C-Serie dann zwei Sitze auf jeder Seite, die 51 Zentimeter breit sind.

In den Gepäckfächern kann jeder Passagier einen Rollkoffer unterbringen. Die Klappen gehen weit auf, was das Verstauen sehr erleichtert. Auch die Fenster sind um einiges größer als in anderen Mittelstreckenjets – rund 50 Prozent größer als in einer A320. Hinzu kommen Bordtoiletten, die behindertengerecht ausgelegt sind.

Schnittzeichnung der Bombardier CS100. (#6)

Schnittzeichnung der Bombardier CS100. (#6)

Entwicklungsprogramm mit Hindernissen

AirBaltic setzte als erste Fluglinie die größere CS300 ein. (#4)

AirBaltic setzte als erste Fluglinie die größere CS300 ein. (#4)

Allerdings war der Weg zur C-Serie lang und von Rückschlägen geprägt. Bombardier stellte bereits im im September 1998 auf der renommierten Luftfahrtschau in Farnborough das Projekt eines 90 bis 110sitzigen Flugzeugs vor. Zwei Jahre später wurde das Vorhaben jedoch schon wieder aufgegeben, um im Juli 2004 unter dem neuen Namen CSeries neu belebt zu werden. Das Flugzeug sollte 2008 zum ersten Mal fliegen und 2010 in den Liniendienst kommen. Mangels Kunden und eines geeigneten Triebwerks unterbrachen die Verantwortlichen das Projekt erneut, bis sie mit dem Getriebefan-Triebwerk PW1500G endlich einen geeigneten Antrieb gefunden hatten.

Die fehlenden Abnehmer waren schwieriger zu finden, denn um 2005/2007 waren gerade viele US-Fluglinien in der Krise und operierten unter Gläubigerschutz. An größere Bestellungen von Regional-Verkehrsflugzeugen war daher nicht zu denken. Bombardier ließ also die Arbeiten an der CSeries auf Sparflamme weiterlaufen und konzentrierte sich stattdessen auf Weiterentwicklungen anderer Modelle. Im März 2009 bestellte dann die Lufthansa dreißig Maschinen für seine Tochter Swiss International Airlines.

Damit waren die Schwierigkeiten jedoch nicht überwunden. Die Gesamtentwicklung hat Bombardier bisher 5,5 Milliarden US-Dollar gekostet. Davon musste das Unternehmen 4,4 Milliarden Dollar abschreiben und 2015 eine Beteiligung über 1 Milliarde Dollar der Regierung des kanadischen Bundesstaats Quebec annehmen. Mit diesem Geld übernahm der Staat Quebec Anteile an einem neuen gemeinsamen Unternehmen, in das Bombardier die Produktion der C-Serie einbrachte. Die Wende war erst im April 2017 geschafft, als die US-Fluglinie Delta Air Lines 75 Maschinen bestellte.

Trotzdem wird es noch einige Jahre dauern, bis Bombardier mit dem neuen Airliner in der Gewinnzone fliegt. Experten vermuten, dass die Kanadier ihre zur Zeit rund 600 Bestellungen weit unter den Herstellungskosten verkauft haben.


Bildnachweis: © #1 Eric Salard via WikiMedia Commons, #2 John Taggard via WikiMedia Commons, #3 + #4 + #5 + Titelbild + #6 + #7 Bombardier

Über den Autor

Mein Beruf ist das Schreiben; ich arbeite als freier Journalist, Texter und Buchautor. Das reicht für Leben und Modellbau, also auch für das eigentliche Leben. Beruflich wie als Modellbauer interessiert mich die Luftfahrt, speziell die der großen Luftfahrtländer. Ich baue auch gerne mal etwas, das aus dem Rahmen fällt. Hauptantriebskräfte: Neugier, Kaffee und ein guter Witz.

Lassen Sie eine Antwort hier