Eigentlich ist die Bell UH-1D „Iroquois“ veraltet und sollte längst durch den von Verzögerungen und Problemen geplagten NH-90 ersetzt werden. Das ist überwiegend auch der Fall, auch wenn der neue Transporthubschrauber des Heeres noch nicht allen Anforderungen genügen kann. Allerdings fliegt immer noch eine kleine Zahl Bell UH-1D beim Heer als Rettungshubschrauber.
Luftstreitkräfte: Verzögerung bei neuen Rettungshubschraubern Bundeswehr muss noch bis 2020 mit veralteter Bell UH-D fliegen
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins SPIEGEL muss das Heer noch mindestens bis 2020 auf einen neuen Rettungshubschrauber warten. Erst dann kann die Lücke bei der so genannten Combat Search and Rescue, also der militärischen Rettungsfliegerei geschlossen werden. Unter Combat SAR fällt unter anderem die Rettung abgeschossener Flugzeugbesatzungen aus feindlichem Gebiet.
Bell UH-1D muss wegen bürokratischer Fehler länger fliegen
Der Grund für die Verzögerung ist wie so häufig eine bürokratische Panne. Eigentlich hat die Bundeswehr schon vor mehreren Jahren eine Ausschreibung für sieben neue Rettungshubschrauber veröffentlicht. Um diesen Auftrag bewerben sich Airbus und die US-Firma Bell Helicopters. Fehler im Vergabeverfahren haben dazu geführt, dass sich Airbus und Bell nun vor der Vergabekammer des Bundes streiten.
Dabei bleibt nicht nur die Logik auf der Strecke, denn die spricht für den NH-90, den die Truppe bereits fliegt und für den dann keine neue Logistik aufgebaut werden müsste. Bei einem neueren Muster aus dem Hause Bell, oder bei einem beliebigen anderen Typ wäre das aber der Fall und wurde zusätzliche Kosten verursachen. Die entstehen nun auch, weil die Bundeswehr für die sinnlos verlängerte Nutzungsdauer des Bell UH-1D einen zusätzlichen Wartungsvertrag abschließen musste.
Für die Verteidigungsministerin Ursula von Leyen (CDU) ist dieser Vorgang auch politisch peinlich. Eigentlich wollen die europäischen NATO-Länder ein gemeinsames Kommando für militärische Rettungseinsätze auf die Beine stellen. Deutschland hat sich hier wohl ein bisschen übereilt als Führungsnation gemeldet und muss nun die wohl dienstältesten Hubschrauber des Kontinents in die neue Zusammenarbeit einbringen.
Bell UH-1D: Ursprünge in den 1950er Jahren
Die Bell UH-1D „Iroquois“ geht auf eine Anforderung der U.S. Army nach einem leichten Mehrzweckhubschrauber Mitte der 1950er Jahre zurück. Anfangs sollte der neue Hubschrauber primär Verwundetentransporte übernehmen. Der erste Prototyp startete am 22. Oktober 1956 zum Jungfernflug; die U.S. Army erhielt 1959 die erste Serienmaschine. Der Hubschrauber mauserte sich schnell zum leistungsfähigen Mehrzwecktransporter. Die Typenbezeichnung UH-1 datiert von 1962, als die US-Streitkräfte ein einheitliches Typenbezeichnungssystem einführten.
Die UH-1, auch liebevoll „Teppichklopfer“ genannt, wurde zum meistgebauten Militärhubschrauber der westlichen Welt. Zwischen dem Produktionsbeginn 1958 und heute wurden rund 16 000 Maschinen produziert. Zudem baut Bell auch in der Gegenwart mehrere Weiterentwicklungen in Serie. Allerdings haben beim US-Militär mittlerweile Hubschrauber wie die Sikorsky UH-60 „Blackhawk“ die Bell UH-1 ersetzt. Nur beim US-Marinecorps ist noch eine stark verbesserte Version, die Bell UH-1Y, im Einsatz. Dafür sind die Bells in aller Welt weiter bei einer Vielzahl ziviler und militärischer Nutzer im Einsatz.
Bell leitete aus der UH-1 auch einen Kampfhubschrauber, die Bell AH-1 „Cobra“ ab, die ebenfalls noch bei vielen westlich orientierten Nationen genutzt wird. Die U.S. Army hat ihre Maschinen jedoch schon Mitte der 1980er Jahre durch die Boeing/Hughes AH-64 „Apache“ ersetzt.
Die Bell UH-1D bei Bundeswehr und Polizei
Die Bundesrepublik Deutschland entschied sich 1965 für die Bell UH-1D als neuen, leichten Transporthubschrauber. Er ersetzte die Sikorsky H-34 „Choctaw“, mit denen die Bundeswehr zunächst ausgerüstet worden war. Ursprünglich sollten 406 Maschinen beschafft werden, aber wurden nur 344 Exemplare aus der deutschen Lizenzproduktion und drei Testmaschinen aus US-Produktion gekauft. Dornier in Oberpfaffenhofen, heute Airbus Helicopters, übernahm die Lizenzproduktion des Fluggeräts, MTU produzierte die 820 kW starken Lycoming T53-L13B-Triebwerke in Lizenz. Am 17. August 1967 wurde die erste Maschine aus der deutschen Produktion übergeben. Die wenigen UH-1D, die heute noch beim Heer fliegen, stammen aus den 1970er Jahren. Die Lizenzfertigung endete 1981.
Die Bundeswehr erhielt 290 Maschinen, die als Transporthubschrauber und für die zivile Rettungsfliegerei eingesetzt wurden. Der größere Teil ging an die Heeresflieger, ein kleinerer Teil an die Luftwaffe, an Polizei, zivile Rettungsdienste und den damaligen Bundesgrenzschutz (heute Bundespolizei). Beim Heer flog die Bell UH-1D in den leichten Transporthubschrauberregimentern, bei der Luftwaffe zunächst in einem Hubschraubergeschwader und bei der Flugbereitschaft. In den 1990er Jahren löste die Luftwaffe ihr Hubschraubergeschwader auf und verteilte die Maschinen auf die drei mit C-160 „Transall“ ausgestatteten Transportgeschwader. Der Bundesgrenzschutz stellte seine „Iroquois“ im Jahr 2000 außer Dienst. Die Bells der Flugbereitschaft wurden durch Eurocopter „Cougar“ ersetzt, die des Bundesgrenzschutzes durch die Bell 212, eine Weiterentwicklung der UH-1 mit zwei Triebwerken.
Die Bell UH-1 „Iroquois“ als Medien-Ikone
Die Bell UH-1 und ihre zivilen Gegenstücke, die Bell 204, 205, 212 und 412 wurden durch ihr charakteristisches „Teppichklopfer“-Geräusch und die Auftritte in zahlreichen Filmen und Fernserien zu Luftfahrt-Ikonen. Das Geräusch entsteht durch den Effekt des induzierten Luftwiderstandes. An den Spitzen der Rotorblätter bilden sich Luftwirbel. Wenn dann das folgende Rotorblatt durch den Wirbel schlägt, entstehen die typischen Knallgeräusche. Dadurch ist der Hubschrauber schon aus etwa 10 km Entfernung zu hören. In ihrer Form verbesserte Rotorblättern in den 1990er Jahren haben diesen Effekt jedoch deutlich gemindert.
Die „Iroquois“ war über Jahre hinweg in der TV-Berichterstattung über den Vietnamkrieg zu sehen. Hinzu kamen bekannte Kinofilme wie „Apocalypse Now“ von Francis Ford Coppola, aber auch eine Unzahl von B- und C-Movies. Die deutsche Fernsehserie „Die Rettungsflieger“ erzählte über mehrere Staffeln die Einsätze einer – fiktiven – Hubschrauberbesatzung des Lufttransportgeschwaders 63 über Hamburg.
Bildnachweis: © Titelbild: F. List, #1 LTG 63, #2 LTG 63