Moderne Umweltforschung kommt ohne Flugzeuge als Instrumententräger nicht aus. Wie viele andere Forschungsinstitutionen in der ganzen Welt auch unterhält deswegen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eine ganze Flotte von Flugzeugen und Hubschraubern verschiedener Typen. Darunter ist auch eine Dassault Falcon 20, Kennzeichen D-CMET. Dieses Geschäftsreiseflugzeug aus französischer Produktion kam am 16. Juli 1976, also vor vierzig Jahren, zum DLR. Seitdem ist es auf der ganzen Welt bei der Erforschung der Atmosphäre im Einsatz und hilft Wissenschaftlern, Wind und Wetter auf unserem Planeten besser zu verstehen. D-CMET und seine Besatzung aus Piloten und Wissenschaftlern flogen Missionen über Grönland, Australien, der Südspitze Amerikas und den Tropen.
Die Dassault Falcon 20 beim DLR
Mitte der Siebziger Jahre hatte das DLR eine leistungsfähige Plattform für die Atmosphärenforschung gesucht. Besonders wichtig für die Verantwortlichen war die Flughöhe gewesen, denn nur in größeren Höhe sind gute meteorologische und atmosphärische Messergebnisse möglich. Die Falcon erreicht Flughöhen von um die 12 800 Meter, höher als die meisten Verkehrsflugzeuge. Diese Gipfelhöhe reicht aus, um in mittleren Breiten in die untere Stratosphäre aufzusteigen, eine Schicht in der Atmosphäre, die seit einigen Jahren durch den Ozonabbau in Focus der Forschung steht. Außerdem ist das Flugzeug robust und wendig. Um Daten zu sammeln, kann es nahe an Gewitter oder Stürme heran fliegen. Und der Jet kann sich bis auf rund 30 Meter einem großen Verkehrsflugzeug nähern, um in dessen Abgasstrom Messungen durchzuführen. Wegen der Turbulenzen, die ein großer Jet verursacht, ist das ein durchaus riskantes Manöver.
Noch vor Beginn ihrer Karriere wurde die Falcon 20 stark umgerüstet. Vom luxuriösen Innenleben des Business Jets blieb wenig übrig. Die meisten Sitze mussten Einbauplätzen für Mess- und Aufzeichnungsgeräte, zusätzliche Elektronik und zwei so genannten LIDAR-Geräten weichen. Ein LIDAR sendet einen Laserpuls aus und empfängt den von der Atmosphäre zurückgesandten Reflex. So lassen sich die Konzentrationen von Aerosolen, Wasserdampf oder Ozon messen. Für die LIDARe wurden insgesamt drei Fenster in den Rumpfboden und ins Rumpfdach eingebaut, sodass die Geräte nun den Bereich über und unter dem Flugzeug abdecken.
Auffälligstes Merkmal ist der Bugmast mit einer Drucksonde an der Spitze. Sie misst durch fünf Löcher die Luftdruckverhältnisse vor dem Flugzeug, also in noch unbewegter Luft. Weitere Instrumente können an vier Flügelpylonen, an der Rumpfunterseite sowie an Befestigungspunkten am Rumpfheck angebracht werden. Die Falcon kann bis zu 1100 Kilogramm an wissenschaftlichen Instrumenten mitnehmen. In der Kabine finden bis zu 10 Wissenschaftler Platz, die maximale Flugdauer liegt bei fünfeinhalb Stunden.
„Die Falcon ist für Ihre wissenschaftlichen Aufgaben auch heute noch hervorragend geeignet„, erklärt Dr. Monika Krautstrunk, Leiterin der DLR-Forschungsflugabteilung in Oberpfaffenhofen. „1995 hat das Flugzeug leistungsstärkere und umweltfreundlichere Triebwerke bekommen. Damit erreicht es eine Reichweite von bis zu 3700 Kilometern.“ Seitdem kann es Einsatzgebiete wie Nordschweden ohne Zwischenlandung erreichen. Außerdem verfügen die Triebwerke über zusätzliche Generatoren, die die Instrumente an Bord mit Strom versorgen.
Forschungskampagnen der D-CMET
Im Laufe der Jahre hat D-CMET an zahlreichen Forschungskampagnen teilgenommen. So war das Flugzeug im vergangenen Jahr über dem Süden Grönlands und den angrenzenden Seegebieten im Einsatz. In einer gemeinsamen Kampagne erkundeten Forscher des DLR und der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA die Windsysteme in der Region. Außerdem hatte D-CMET ein neues LIDAR an Bord, den Prototypen für ein Lasergerät, das 2017 an Bord einer europäischen Raumsonde in die Erdumlaufbahn geschossen wird. Der Satellit ist der erste von drei Sonden, die die Windsysteme der Erde in Höhen unter 30 Kilometer vermessen sollen.
Die Flüge über Grönland und den dortigen Seegebieten dienten zur Erprobung des neuen Geräts und lieferten Vergleichsdaten zur Feinabstimmung der Satelliten-LIDARe. Der Sensor auf dem Satelliten wird UV-Licht nutzen, um Winde von Höhe Null bis in 30 Kilometer Höhe zu erfassen. „Es wird das erste Lidar im Weltraum sein, dass Windgeschwindigkeiten misst“, erklärt Oliver Reitebuch, der wissenschaftliche Leiter der deutschen Flugkampagne.
Im Jahre 2010 machte die Falcon auch über die Fachwelt hinaus auf sich aufmerksam. Nachdem am 14. April 2010 der isländische Vulkan Eyjafjalla ausgebrochen war und mit seiner Aschewolke große Teile des Flugverkehrs über dem Nordatlantik und Europa zum Erliegen gebracht hatte, startete das Flugzeug Anfang Mai 2010 zu insgesamt acht Messflügen in die Region. Die Wissenschaftler an Bord konnten Ausdehnung und genaue Dichte der Wolken ermitteln. Einmal ausgewertet, erlaubten die Daten genauere Vorhersagen über künftige Aschewolken und halfen, großräumige Luftraumsperrungen bei Vulkanausbrüchen zu vermeiden.
Bildnachweis: © DLR (CC-BY 3.0)