Flugzeugunglücke sind zum Glück eine Seltenheit, passiert ein solches jedoch, sind die Folgen verheerend. Ein außerordentliches Unglück geschah auch im Jahr 1988 in Ramstein, bei dem 70 Personen ums Leben kamen. Hat die Luftfahrt etwas daraus gelernt?
Das Flugzeugunglück von Ramstein
Viele Deutsche erinnern sich sicherlich noch an das Jahr 1988, in welchem das Flugzeugunglück von Ramstein die Schlagzeilen der Medien beherrschte. An diesem Tag ereignete sich kein Unglück eines Personenflugzeuges, sondern ein Unfall bei einer Flugvorführung auf dem Gelände der US Army bei Kaiserslautern im Bundesland Rheinland-Pfalz. Bei der Flugschau sollten insgesamt zehn Jets beeindruckende Routen fliegen und so zeigen, zu welchen Manövern die Piloten im Stande sind. Drei der Jets der italienische Kunstflugstaffel Frecce Tricolori stießen in der Luft zusammen, wodurch ein brennendes Flugzeug ins Publikum stürzte. Insgesamt wurden etwa 500 bis 1000 Personen der über 100.000 Besucher verletzt, die offiziellen Angaben belaufen sich auf 70 Todesopfer zu denen auch die Piloten der drei verunglückten Maschinen zählten.
Zum konkreten Unfall kam es beim Fliegen einer besonderen Formation: Die Kondensstreifen der Jets markierten ein Herz in der Luft. Durch dieses sollten die einzelnen Flugzeuge dann hindurchfliegen, um quasi das Herz zu „durchstechen“. Genau bei diesem besonderen Flugmanöver, dem Il Cardioide kam es zum Crash: Es wird vermutet, dass der Jet mit dem Namen Pony 10 sein Looping zu eng flog und infolgedessen den Durchstoßpunkt früher als vereinbart, erreichte. Dadurch kollidierte der Jet mit einem anderen. Dadurch wurde dieser in einem solchen Maße beschädigt, dass er abstürzte und auch einen dritten Jet zum mit in die Tiefe riss. Während zwei Jets weitab der Zuschauermenge in Flammen aufgingen, explodierte ein Flugzeug in unmittelbarer Nähe der Tribüne, die brennenden Teile rutschten in die Menschenmenge.
Der Einsatz der Rettungskräfte in Ramstein
Da es sich um ein Gelände der US Army handelte, auf dem sich das tragische Unglück ereignete, mussten die Rettungskräfte unter besonderen Bedingungen agieren. Aufgrund des militärischen Bereichs, auf den nicht jeder Zutritt hat, wurden einige Helfer vonseiten der Militärbasis nicht zu den Verletzten auf dem Flugplatz vorgelassen bzw. gar nicht alarmiert. So stand zwar das Technische Hilfswerk (THW) bereit zum Ausrücken, wurde aber gar nicht eingeschaltet. Des weiteren unterschieden sich auch die Maßnahmen der deutschen Rettungskräfte und der US Army. Während es vonseiten der örtlichen Rettungskräfte darum ging, die Verletzten zunächst zu versorgen und anschließend – je nach Schweregrad der Verletzung verschiedenen Kliniken zuzuweisen – agierten die US Kräfte nach dem sog. „Load an Go“-Prinzip.
Dies bedeutete, dass die Verletzten so schnell wie möglich in ein Krankenhaus zur Versorgung abtransportiert wurden. Die deutschen Rettungskräfte hingegen hatten vor, die Verletzten vor Ort zu sichten und eine entsprechende Erstversorgung durchzuführen. Ein Funkspruch eines deutschen Notarztes erlangte traurige Bekanntheit. So meldete der Katastrophenmediziner, dass immer wieder verletzte und verbrannte Personen ohne adäquate Erstversorgung von den US Kräften abtransportiert und im wahrsten Sinne des Wortes aus den Händen gerissen würden. Viele Vermutungen laufen in die Richtung, dass eine entsprechende Erstversorgung die Zahl der Todesopfer minimiert oder bleibende Schäden bei Personen verhindert hätte.
Video:Flugzeugabsturz von Ramstein 1988
Unmittelbare Folgen vom Flugzeugunglück in Ramstein
Ebenfalls waren die Rettungskräfte mit der Vielzahl der Verletzten schlicht und ergreifend überfordert. Viele Personen mit Brandwunden und anderen schwerwiegenden Verletzungen blieben mehrere Stunden unversorgt, was eine Vielzahl an bleibenden Schäden mit sich brachte. Einige Transporter mit Verletzten hatten ebenfalls Probleme, auf dem schnellsten Weg eine Klinik zur Versorgung der Patienten zu finden. Ein weiterer Unterschied der deutschen und amerikanischen Rettungskräfte war ebenfalls das Equipment: Die deutschen und amerikanischen Injektionsnadeln unterschieden sich, aus diesem Grund konnten Infusionen oder Bluttransfers nicht direkt durchgeführt werden. Kurzum: Die Tragödie nahm einen verheerenden Lauf, auf den Politik und Gesellschaft unmittelbar reagierten.
Bereits am nächsten Tag, dem 29. August 1988 wurden in Deutschland Kunstflugvorführungen verboten. Dieses Verbot blieb insgesamt drei Jahre in Kraft. Erst im Jahre 1991 wurden solche Flugschauen wieder erlaubt, jedoch mit besonderen Sicherheitsauflagen, die eine deutlich minimierte Risikobereitschaft beweisen. Bei künftigen Flugschauen musste eine Mindestflughöhe sowie ein bestimmter Abstand zum Publikum eingehalten werden. Direkt über den Zuschauern bzw. in die Richtung des Publikums dürfen keine Manöver geflogen werden. Der Ablauf der einzelnen Manöver muss vorab genehmigt werden, um eventuelle riskante Flugabläufe zu identifizieren und rechtzeitig diesbezüglich zu intervenieren.
Das Rettungssystem reformieren
Ebenfalls unmittelbar nach dem Flugzeugunglück von Ramstein wurde das Infusionssystem geändert: Die Infusionskanülen mit Rekord-Konus, die in Deutschland genutzt wurden, wurden dem internationalen Standard des Luer-Konus angepasst, um die weltweite Kompatibilität zu gewährleisten. So war es von da an möglich, Infusions- und Transfusionssysteme überall auf der Welt unter den gleichen Voraussetzungen zu nutzen. Doch nicht nur das Rettungssystem und das Notrufsystem wurden reformiert, sondern auch der Umgang mit der psychischen Gesundheit der Menschen.
Nach dem Unglück von Ramstein wurde zum ersten Mal in der Bundesrepublik Deutschland eine Nachsorgegruppe gegründet. Diese hatte das Ziel, dass Menschen, die als Opfer, Hinterbliebene oder Rettungskräfte von den Ereignissen berührt wurden, gemeinsam die Erlebnisse verarbeiten konnten. Der Unglückstag von Ramstein wurde auf diese Weise eine Art Impulsgeber für die Entwicklung von Notfallseelsorgemaßnahmen und Kriseninterventionshilfe-Teams. Die Initiatoren der Nachsorgegruppe waren Hartmut Jatzko, Sybille Jatzko und Heiner Seidlitz, die ebenfalls ein Buch zum Thema veröffentlichten. Das durchstoßene Herz gilt mittlerweile als ein Standardwerk über das Thema Seelsorge im Kontext des Unglückstages von Ramstein.
Was haben wir aus dem Flugzeugunglück in Ramstein gelernt?
Generell hat sich seit der Tragödie von Ramstein einiges getan in Sachen Luftsicherheit, Seelsorge und Maßnahmen zur Publikumssicherung bei Luftschauen. Nach dem Unglück wurde in Deutschland erstmalig im Jahr 2000 in Berlin zur Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) eine Kunstflugschau durch die französische Militärflugstaffel Patrouille de France aufgeführt. Bis Mai des Jahres 2009 waren solche Flugshows nur unter strengsten Auflagen der Sicherheit zugelassen. Komplexe Manöver und aufwendige Flugkünste waren noch bis in die jüngste Vergangenheit verboten. Doch geschah dieses Flugzeugunglück unter spezifischen Voraussetzungen. Bei der Tragödie von Ramstein wurden keine Passagiere, sondern Zuschauer getötet und verletzt.
Immer wieder erreichen uns jedoch auch Schlagzeilen von Flugzeugunglücken, bei denen eine Passagiermaschine verunglückte: Jüngst in Russland, Kolumbien, Frankreich und der Türkei. Ob beim Flugtagunglück in Ramstein oder einem Flugzeugunglück über dem Atlantik – wenn eine Maschine ihre Flugfähigkeit verliert, so wird von einem Flugzeugabsturz gesprochen. Meist kann das Flugzeug vom Piloten dann nicht mehr kontrolliert gelandet werden. Die Gründe dafür sind vielschichtig, wobei es am häufigsten aber zu menschlichem Versagen kommt. Witterungen, die die Sicht einschränken, wie beispielsweise starker Regen, Sturm oder Hagel sind häufige Ursachen für ein Flugzeugunglück. Technische Störungen sind eine weitere Ursache, die zum Absturz eines Flugzeuges führt.
Video:Flugtagunglück von Ramstein 1988
Der Rummel in den Medien
Statistisch gesehen ist die Reise mit dem Flugzeug die sicherste Möglichkeit, um von A nach B zu kommen. Das beweisen auch die Zahlen: Mindestens vier Milliarden Personen reisen mit dem Flugzeug, wobei im Jahr 2008 laut den Zahlen der IATA 502 Menschen durch einen Absturz ums Leben kamen. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Flugzeugabsturz zu sterben liegt damit bei etwa 0,000012 Prozent – einem Bruchteil gegenüber der Wahrscheinlichkeit, an einem Autounfall zu sterben. Generell geschehen Flugzeugunglücke also nur sehr selten, dennoch erregen sie eine große mediale Aufmerksamkeit. Das Tragische an einem Flugunglück ist es, dass eine Vielzahl von Menschen auf einmal in Not gerät. Gerade das ist es, was die Menschen, die die Nachrichten ansehen, erschüttert.
Die Erschütterung lässt die Zuschauer nachdenklich werden und nach mehr Informationen suchen. Auch die Medien reagieren auf Katastrophen. Schlagzeilen wie „Was wir wissen und was wir nicht wissen“ sind beherrschend für Tragödien aller Art. So auch bei dem Flugzeugabsturz der German Wings Maschine, die von dem Co-Piloten willentlich zum Absturz geführt wurde. Hierbei zeigte sich, dass Sicherheitsmaßnahmen zwar notwendig sind, aber nicht alle Risiken ausschalten. Aus den Ereignissen des 11. Septembers, bei welchem zwei Flugzeuge in die Türme des World Trade Centers gesteuert wurden, wurden neue Sicherheitsrichtlinien gegen den Terror entwickelt. Es war von dort an nicht mehr möglich, von außen in die Flugkabine zum Piloten vorzudringen.
Sicherheitsmaßnahmen im Flugzeug optimieren
Dass gerade diese Tatsache den Passagieren des German Wings Flugs zum Verhängnis wurde, ist eine Sache, die beweist, dass niemals für alle Eventualitäten vorgesorgt werden kann – und genau das gilt es, zu lernen. Ereignen sich Tragödien, so ist das vor allem für die Hinterbliebenen bzw. die Opfer eine schreckliche Katastrophe mit verheerenden Folgen. Auch wenn Politik und der technische Fortschritt alles daran setzen, die Reise mit dem Flugzeug noch sicherer zu machen, können nicht alle Risikofaktoren ausgeschlossen werden. Wie bei anderen Bereichen im Leben auch gibt es niemals eine 100-prozentige Sicherheit für alle Beteiligten. Es gilt aus diesem Grund, mögliche Risiken vorab effektiv auszuschalten und potenzielle Momente der Gefahr zu vermeiden.
Genau dies wurde durch die strengen Sicherheitsregelungen nach dem Unglück von Ramstein getan: Durch größere Abstände zum Publikum und das Verbot risikoreicher Manöver wurden mögliche Gefahrenquellen so weit als möglich eingeschränkt. Regelmäßige technische Prüfungen, Wartungen und spezifische Schulungen sowie Untersuchungen sollen auch den Personenflugverkehr so sicher wie möglich machen. Dramatische Ereignisse wie die Abstürzt in der Türkei oder in Südfrankreich zeigen aber, dass noch Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Eine stetige Weiterentwicklung der Technik und entsprechender Assistenzsysteme ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung, um die Zahl von Flugzeugunglücken in Zukunft noch geringer werden zu lassen.
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