Die Dornier Do 328 ist das einzige Verkehrsflugzeug, das erfolgreich sowohl mit Düsentriebwerken als auch mit Propellerturbinen eingesetzt wird.
Dornier Do 328: Erfolgreich mit Düsentriebwerk und Propellerturbinen
Die Düsenversion Dornier Do 328Jet hatte am 20. Januar 1998 in Oberpfaffenhofen bei München seinen Erstflug. Bis 2008 wurden 110 Do 328Jet-Flugzeuge produziert. Zusammen mit den Turboprop-Maschinen belief sich die Gesamtproduktion auf 217 Maschinen und drei Prototypen. Viele dieser Flugzeuge fliegen bis heute in aller Welt, beispielsweise als Ambulanzflugzeug für die ADAC-Luftrettung oder als militärischer Transporter für Spezialkräfte für die US-Luftwaffe. Üblicherweise dienen sie aber als Regionalverkehrsflugzeuge und verbinden kleinere Flughäfen mit den großen internationalen Airports.
Die ebenfalls in Oberpfaffenhofen ansässige Firma 328 Support Services GmbH übernimmt bis heute die Ersatzteilversorgung, Überholung, Modernisierung und den Umbau von 328-Flugzeugen. Die letzte produzierte Dornier Do 328Jet ist gleichzeitig das letzte komplett in Deutschland entwickelte und gebaute Verkehrsflugzeug. Seit dem Ende der Do 328-Produktion existiert in Deutschland keine Fertigungsstätte mehr, die in der Lage wäre, komplette größere und große Verkehrsflugzeuge zu fertigen.
Die Dornier Do 328Jet entsteht
Die Dornier Do 328Jet entstand aus der propellergetrieben Do 328 als Reaktion auf die Marktentwicklung in den 1990er Jahren. Damals waren auch im Regionalverkehr eher Jets gefragt, wobei Fluggesellschaften der Geschwindigkeit vor der Wirtschaftlichkeit den Vorzug gaben. Die Do 328Jet war jedoch von Anfang an als Regional-Verkehrsflugzeug entwickelt worden und dementsprechend wirtschaftlich im Unterhalt. So konnte sich das Flugzeug gegenüber den aufgerüsteten Business-Jets behaupten, die dieses Marktsegment dominierten.
Als die Nachfrage nach Regional-Verkehrsflugzeugen wieder anzog, erwiesen sich sowohl die Propellerversion als auch die Dornier Do 328Jet als zu klein. An dieser Stelle hätte es nun mit verbesserten Versionen weitergehen können. Andere Hersteller von Turboprops wie von Jets haben das vorgemacht. Hersteller von Regionalverkehrsflugzeugen wie Saab, British Aerospace, Bombardier oder das europäische ATR-Konsortium brachten Varianten ihrer bewährten Muster mit gestreckten Rümpfen und erhöhter Spannweite heraus, um Entwicklungskosten zu sparen und einen leichteren Markteintritt zu haben. Hersteller größerer Verkehrsflugzeuge sind ebenfalls diesen Weg gegangen.
Video: Dornier 328JET Cockpit View! CRQ-LAX
Dieses Youtube-Video zeigt einen Dop 328Jet-Mitflug aus der Cockpitperspektive.
Jürgen Schrempp übernimmt sich auch mit der Do 328Jet
Leider hatte sich in den 1990er Jahren Daimler-Chef Jürgen Schrempp aufgemacht, aus dem deutschen Automobilkonzern Daimler-Benz einen weltumspannenden Technologiekonzern zu machen. Er ging also in der ganzen Welt auf Einkaufstour, und aus Daimler-Benz wurde für einige Jahre Daimler-Chrysler.
Zum Technologiekonzern sollte natürlich auch eine Luftfahrtsparte gehören. Schrempp sammelte also schon vor der Fusion mit Chrysler Luftfahrtunternehmen, so 1989 Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB), die Dornier GmbH, den Triebwerkshersteller MTU (Motor- und Turbinen-Union) und Teile von AEG. In der ehemaligen DDR kamen etwa der VEB Flugzeugwerft Dresden hinzu, die ehemaligen Junkers-Werke, oder Jenoptik in Jena. Später kaufte man noch Fokker in den Niederlanden hinzu. Daraus entstand die zwischen 1989 und 2000 bestehende DASA. Die Abkürzung stand am Anfang für Deutsche Aerospace Aktiengesellschaft. Einige Änderungen später, ab 1998, hieß das Unternehmen dann DaimlerChrysler Aerospace AG.
Mit den Firmenübernahmen waren natürlich Arbeitsplatzverluste verbunden, erst recht, als Unternehmenskoloss ins Taumeln geriet und unter der Dollarschwäche zu leiden hatte. Weltweit werden Flugzeugkäufe in Dollars abgerechnet, wodurch europäische Hersteller Schwierigkeiten bekamen.
Währenddessen produzierte Dornier weiterhin seine Turboprops Do 228 und Do 328, nahm außerdem die Fertigung der Do 328Jet auf. Die Flugzeugsparte von Dornier sollte zusammen mit Fokker einen europäischen Hersteller von Regional-Verkehrsflugzeugen unter dem Dach der DASA bilden. Doch daraus wurde nichts. Unfähig, seiner Schwierigkeiten Herr zu werden, ließ Jürgen Schrempp den traditionsreichen holländischen Flugzeugbauer Fokker sterben und verkaufte Dornier 1996 an das US-Unternehmen Fairchild.
Die Dornier Do 328Jet wird an Fairchild-Dornier verkauft
Zu der Zeit war das Unternehmen noch gesund, und auch Fairchild, das selbst Regional-Verkehrsflugzeuge produzierte, stand gut da. Man trieb also die Entwicklung der Dornier 328Jet voran, arbeitete sogar an vergrößerten Versionen wie der Do 428Jet. 1999 wurde das Unternehmen dann an ein Konsortium aus einer US-amerikanischen Investment-Firma, der Allianz-Tochter Capital Partners und einem deutschen Bankenkonsortium verkauft. Das Projekt Do 428Jet musste im Sommer 2000 eingestellt werden und kostete Fairchild-Dornier rund 300 Millionen Euro.
Mit der Dornier Do 728 stellte das Unternehmen sogar ein reines Düsenverkehrsflugzeug für 70 Passagiere vor. Die Lufthansa nahm 60 Optionen für das neue Flugzeuge auf. Die neuen Eigentümer verfolgten neben dem 728-Programm noch weitere Entwicklungsvorhaben, was dem Unternehmen in der allgemeinen Luftfahrt-Krise nach dem 11. September 2001 das Genick brach. Dazu trug die Entscheidung der Lufthansa bei, ihre 60 Optionen zu stornieren. Die drei 728-Prototypen waren sozusagen pünktlich zur Insolvenz 2002 fertig.
Nach der Insolvenz wird die Do 328 eine Art Wanderpokal
Die Rechte an der Do 328-Familie erwarb zunächst das US-Unternehmen Bartels Avcraft, das die Flugzeuge noch einige Zeit weiter produzierte. 2005 ging auch Bartels Avcraft pleite. Rechte, Ersatzteilversorgung und Umrüstung übernahm die Oberpfaffenhofener Firma 328 Services. Das Unternehmen selbst wurde Anfang 2015 vom US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtkonzern Sierra Nevada Corporation (SNC) übernommen. SNC gehört den Geschwistern Eren und Fatih Ozmen, die aus der Türkei in die USA ausgewandert waren. Die beiden entschlossen sich nun mit Blick auf den Boom in der Türkei, die Produktion der Dornier Do 328 wieder aufzunehmen.
In Zusammenarbeit mit einem türkischen Unternehmen sollte nun am Bosporus eine Fertigungslinie für die Do 328 und die 328Jet entstehen. SNC sicherte sich auch die Unterstützung des türkischen Staates, speziell des Verteidigungsministeriums und des Ministeriums für Transport, Maritime Fragen und Kommunikation. Die ersten Flugzeuge sollten 2019 ausgeliefert werden; außerdem plante SNC eine gründliche Überarbeitung des Ursprungsmodells und neue Versionen mit größerer Sitzkapazität. Aber auch daraus wurde nichts. Im Oktober 2017 zog sich der türkische Staat aus dem Projekt zurück. Ministeriumsvertreter verwiesen auf die kritische Wirtschaftslage, aber die Entscheidung mag auch dem gespannten politischen Klima zwischen der Türkei einerseits und Deutschland und den USA auf der anderen Seite geschuldet sein.
Damit endet die Geschichte eines innovativen Flugzeugs. Die seinerzeit produzierten Maschinen dürften jedoch noch viele Jahre im Einsatz bleiben. Tragischerweise ist die Dornier Do 328 ein technologischer Erfolg und wird von seinen Haltern bis heute geschätzt. Es scheiterte an eher politisch bedingten Marktturbulenzen und am in den 1990er Jahren heraufziehenden Kasinokapitalismus.
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